Lohnt sich: Magnepan MG3.6R-Lautsprecher aufarbeiten und mit neuem Akustikstoff bespannen.
Mal ganz ehrlich: Haben Sie Musik von einem Tonträger jemals so räumlich und präzise gehört wie bei einem Konzert? In Zeiten von Immersive Audio und Dolby Surround mag Ihnen diese Frage zunächst merkwürdig erscheinen. Aber denken Sie einen Augenblick nach: Es geht nicht darum, mit allen möglichen digitalen Tricks den Sound zu „optimieren“ und Sie virtuell in der Mitte der Bühne zu platzieren. Dort würde das Publikum schließlich niemals sitzen. Wie aber lässt das Hörerlebnis direkt vor der Bühne, wo Sie jede Kleinigkeit extrem genau hören und der Höreindruck vollkommen räumlich ist, authentisch abbilden?
High-End-Spezialisten sind sich einig, dass dies mit konventionellen Lautsprecherboxen kaum möglich ist. Denn letztlich beeinflusst jedes Gehäuse den Klang. Außerdem ist der Schall bei klassischen Boxen immer spürbar richtungsgebunden, denn die Lautsprecher strahlen ausschließlich nach vorn ab. Der Raum „atmet“ nicht und es gibt selbst dann, wenn man Phasenprobleme perfekt im Griff hat, bestenfalls eine einzige ideale Hörposition an der Spitze des berühmten Stereodreiecks.
Die Vorteile von Flächenstrahlern
Mit alternativen Schallwandlerkonzepten lässt sich einem wirklich räumlichen und gleichzeitig präzise auflösenden Hörerlebnis deutlich näher kommen. Sowohl die sogenannten Open-Baffle-Systeme als auch Flächenstrahler, also Elektrostaten und Vollbereichs-Magnetostaten, binden durch ihr 8-förmiges Abstrahlverhalten den Raum in das Gesamtklangbild ein. Flächenstrahler zeichnen sich darüber hinaus durch ein enorm gutes Impulsverhalten und äußerst geringe Partialschwingungen aus.
Warum stehen dann nicht Flächenstrahler in sämtlichen Haushalten? Ganz einfach: erstens erfordern sie einen hohen technischen Aufwand, sind also vergleichsweise teuer und gleichzeitig empfindlich. Zweitens haben sie einen geringen Membranhub und sind daher vergleichsweise groß. Und drittens müssen sie in ausreichendem Abstand von Wänden platziert werden, damit sie ihr räumliche Wirkung entfalten können. Kurzum: die Königsklasse der Hifi-Wiedergabe gibt’s nicht für kleines Geld im Bücherregal eines 20-Quadratmeter-Raums. Ist jedoch ausreichend Platz und Geld vorhanden, wird man so lange von Flächenstrahlern träumen, bis man ein Paar besitzt – etwa Elektrostaten von Quad, die übrigens häufig von Haus aus mit unseren Lautspecherstoffen bezogen sind.
Legendäre Sound-Riesen: Magneplan-Magnetostaten
Wer noch mehr Platz hat, mag sich auch für die mannshohen Magnetostaten von Magneplanar interessieren. Sie sind seit den 1970er Jahren für ihre enorm neutrale und detailreiche Auflösung, überragende Transientenwiedergabe sowie ihre breite und tiefe Soundstage bekannt. Allerdings reißen die aktuellen Magnepan 3.7i-Lautsprecher auch ein fünfstelliges Loch in die Haushaltskasse.
Der oft vergessene Klassiker: MG3.6R
Das Vorgängermodell MG3.6R ist auf dem Gebrauchtmarkt für deutlich weniger Geld zu bekommen. Viele Exemplare dieser legendären Flächenstrahler fristen unverdient in Abstellkammern und Kellern ein staubiges und vergessenes Dasein – nicht zuletzt, weil an vielen von ihnen inzwischen der Zahn der Zeit nagt: sich von der Mylar-Membran lösende und oxidierte Leiterdrähte verursachen hässliche Schnarr- und Klirrgeräusche, und auch der Bespannstoff sieht meist nicht mehr aus wie am ersten Tag. Also vergessen und weg damit, oder bestenfalls als Sammlerstück ungenutzt in die Ecke schieben? Keinesfalls!
Aufarbeiten ist einfacher als gedacht
Es ist mehr als eine Überlegung Wert, MG3.6R-Lautsprecher aufzuarbeiten und ihnen ein neues Leben einzuhauchen. Der Sound ist nach wie vor unschlagbar, die möglicherweise nötigen Ersatzteile und hilfreiche Anleitungen zur Restaurierung sind direkt vom Hersteller zu bekommen, und passenden Akustikstoff zur Neubespannung gibt es in einer unschlagbaren Farbauswahl von uns. Mit etwas Zeit und handwerklichem Geschick lässt sich das geradezu magische Magnepan-Klangerlebnis also günstig wiederherstellen. Noch präzisere Anleitungen für das Wiederverkleben oder Neuinstallieren der Leiterdrähte sind wie hier online verfügbar, es gibt sogar eine Video-Dokumentation auf Youtube. Für alle, die das erfolgreich bewerkstelligt haben, ist die abschließende Bespannung mit neuem Lautsprecherstoff keine besondere Herausforderung.
Von 3.6 zu 3.7
Auch unser Kunde Guillaume Schmidt aus Castelnau de Medoc nahe Bordeaux hat seine MG3.6R kürzlich erfolgreich restauriert und seine Arbeiten für uns dokumentiert. An dieser Stelle herzlichen Dank für die Fotos. Herr Schmidt entschied sich zudem für ein optisches Update: Das etwas aus der Zeit gefallene Frontdesign aus Naturholz und beigefarbenem Bespannstoff hat er durch ein zeitlos-elegantes, an die aktuellen 3.7i angelehntes Erscheinungsbild mit schwarzem Akustikstoff und entsprechenden Holzelementen ersetzt. Das Ergebnis kann sich nicht nur hören, sondern auch sehen lassen – Respekt!
Alle Fotos © Guillaume Schmidt