Warum Kunden aus vielen EU-Staaten nicht mehr in unserem Online-Shop bestellen können.

Leider sehen wir uns außerstande, unsere technischen Textilien weiterhin in jeden EU-Staat zu versenden. Wir wissen, dass dies vor allem unsere privaten Endkunden hart trifft, die akustikstoff.com als europaweit erste Adresse für hochwertige Lautsprecherstoffe kennengelernt haben. 

Der Grund für unsere Entscheidung ist die EU Verpackungsverordnung, die von jedem EU-Staat gesondert in nationales Recht umgesetzt wurde – mit dem Ergebnis, dass ein nahezu undurchdringlicher und obendrein kostspieliger Bürokratie-Irrsinn sondergleichen entstanden ist.

Wildwuchs an Regeln und Bürokratie
Nehmen wir einmal an, ein Hersteller, Importeur oder Händler möchte in allen EU Staaten Handel betreiben. Unabhängig davon, ob er sowohl Privat- als auch Geschäftskunden, lediglich weiterverarbeitende Geschäftskunden oder sogar ausschließlich Wiederverkäufer beliefert: er muss in jedem einzelnen der 27 EU-Länder komplexe nationale Bestimmungen erfüllen, sich einem Rücknahmesystem anschließen und jedes Jahr zwei Meldungen abgeben, nämlich über die Planmenge und die Istmenge der in Verkehr gebrachten Verpackungen. 
Und weil das noch nicht genug ist, muss man in einigen Staaten obendrein vorher

• bei einem im jeweiligen Staat ansässigen Notar gewesen sein
• sich in ein Verpackungsregister eingetragen haben
• einen Bevollmächtigten benannt haben
• eine nationale Steuernummer beantragt haben.

Satirisches Bild zum Bürokratiewahnsinn rund um die EU-Verpackungsverordnung

Selbstverständlich gibt es in der Zwischenzeit in jedem Mitgliedsland ein paar pfiffige Agenturen, die sich genau darauf spezialisiert haben und all das erledigen können – selbstredend für üppige Jahresgebühren. Je nach Serviceangebot liegen die Tarife pro Land nach unseren Recherchen zwischen 150 und 400 Euro pro Jahr. Hinzu kommen natürlich noch die Systemkosten für das länderspezifische Rücknahmesystem. Auch hier werden oft schon bei der Lieferung eines einzigen Auftrags drei- bis vierstellige Jahresbeiträge fällig.

Viele nationalen Regelungen sind marktverzerrend
Insbesondere kleinen Unternehmen wie uns bleibt angesichts dieser Situation kaum eine andere Wahl, als sich mit ihrem Angebot aus vielen nationalen Märkten innerhalb der EU zurückzuziehen. Zweifellos sind für den Umwelt- und Klimaschutz EU-weite Regeln für die erweiterte Herstellerverantwortung beim Inverkehrbringen von Verpackungen unerlässlich. Allerdings sollten diese Regeln einheitlich und für alle Beteiligten fair sein. 

Genau das lassen jedoch sowohl die bestehenden als auch die von der neuen EU-Verpackungsverordnung vorgesehenen Regelungen vermissen. Größere Marktteilnehmer werden durch das bestehende wie das künftige Regelwerk mit all seinen daraus hervorgehenden nationalen Bürokratiekapriolen klar bevorzugt. Denn nur Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung können die Schar von Fachleuten beschäftigen, die es braucht, um die in jedem EU-Mitgliedsstaat anderslautenden Bedingungen in vollem Umfang zu erfüllen. Und auch nur sie können die immensen Systemkosten dank ihrem hohen Versandaufkommen pauschal einpreisen. 

Die Kleinen leiden, die Großen profitieren
Auf der Strecke bleiben kleinere Unternehmen, unter ihnen zahlreiche hochspezialisierte Hersteller und Anbieter von Nischenprodukten wie wir. Sie sind gezwungen, sich von der Mehrzahl der nationalen Märkte innerhalb der EU zurückzuziehen. Weder können sie den notwendigen administrativen Aufwand bewältigen, noch wäre eine Belieferung von Kunden in anderen EU-Staaten ohne angemessene Bagatellgrenzen auch nur ansatzweise wirtschaftlich.  

Das Ergebnis des ganzen Irrsinns sind massive Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Großunternehmen und international agierenden Marketplace-Anbietern, die in Brüssel seit Jahren intensive Lobbyarbeit betreiben. Das macht sich bereits bemerkbar: Es kommt zu einer spürbaren Ausdünnung des Angebots in den nationalen Märkten und damit EU-weit zu spürbaren Nachteilen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Dabei haben uns gerade die vergangenen Jahre mit COVID-19-Pandemie und unterbrochenen Logistikrouten deutlich vor Augen geführt, wie wichtig ein ebenso stabiler wie auf viele Akteure gestützter grenzüberschreitender Handel ist. 

Ein Beispiel aus der Praxis – kein Witz!
Dazu ein anschauliches Beispiel: Ein Krankenhaus in Portugal benötigt innerhalb kürzester Zeit medizinische Masken. Im eigenen Land sind die Masken ausverkauft, und an eine schnelle Beschaffung aus China oder einem anderen Land außerhalb der EU ist aufgrund gestörter Lieferketten nicht zu denken. Schnell liefern könnte die dringend benötigten Masken hingegen ein uns bekannter, hochspezialisierter Hersteller für Filtervliese und Masken in einem anderen EU-Staat. Nur müsste dieser Hersteller nach aktueller Gesetzeslage zunächst einen Bevollmächtigten vor Ort benennen, sich in portugiesischer Sprache bei der zentralen portugiesischen Registrierungsstelle anmelden, einen Vertrag mit einem  Systemanbieter vor Ort schließen, an diesen ohne Bagatellgrenze vorab Lizenzgebühren bezahlen und schließlich Jahresabschlussmeldungen über die tatsächlich in Verkehr gebrachten Verpackungen der gelieferten Masken abgeben. 

Unser Hersteller hat letztlich auf das mögliche Geschäft verzichtet, denn der erforderliche Aufwand steht in keinem auch nur annähernd wirtschaftlich darstellbaren Verhältnis zum zu erzielenden Ertrag. Das Krankenhaus war daher letztlich gezwungen, bei einem der international agierenden Marktplatz-Riesen nach Masken Ausschau zu halten. 

Wie verrückt all dies ist, hat man inzwischen im einen oder anderen EU-Staat bemerkt und daher medizinische Artikel und deren Verpackungen in Korrekturen nationaler Gesetzesvorlagen als Ausnahme definiert. Dennoch taugt das Beispiel hervorragend, um den gesamten Wahnsinn zu illustrieren, denn ähnliche Szenarien sind inzwischen leider in vielen EU-Mitgliedsstaaten für eine Vielzahl von Gütern an der Tagesordnung. Dieser wahnwitzige Zustand steht in fundamentalem Widerspruch sowohl zur europäischen Idee als auch zum Grundprinzip des freien Handels.

Wie kann man das Verpackungsmüllproblem sinnvoller angehen?
Bitte nicht falsch verstehen. Umweltschutz geht uns alle an und die Reduzierung von Verpackungsmüll sollte uns allen eine Herzensangelegenheit sein. Wir von Akustikstoff.com verzichten daher schon sehr lange auf jegliche Art von Plastikverpackungen und versenden alle unsere Bestellungen möglichst raumfüllend in leicht recycelbaren Kartonagen. Grundsätzlich unterstützen wir also ein Durchgreifen gegen den Verpackungsmüll und leben dies nicht zuletzt aus persönlicher Überzeugung in unserer täglichen Arbeit.

Wir sind auch überzeugt davon, dass jedes Unternehmen für die beanspruchten natürlichen Ressourcen und für Schäden, die durch sein Handeln an der Umwelt entstehen, einen angemessenen Preis bezahlen muss. Aber wieso besteuert man nicht einfach die Quelle des Übels?

Jede Verpackung, die innerhalb der EU hergestellt oder hierher importiert wird, könnte ganz einfach direkt beim Hersteller oder Importeur mit entsprechenden Abgaben belastet werden. Man müsste lediglich die Warenströme erfassen, was in den meisten Fällen ohnehin schon geschieht, um die entrichteten Abgaben entsprechend an diejenigen Länder zu verteilen, in denen die Verpackungen letztlich landen. Warum stattdessen ein wahrhaftes Bürokratiemonster erschaffen wurde, bleibt ein Rätsel – insbesondere, weil die EU mit der 2022 in Kraft getretenen Umsatzsteuerreform bereits bewiesen hat, dass das auch anders und EU-weit einheitlich geht. Für die hat man zwar 25 Jahre gebraucht, aber immerhin.